Minimalismus in Stativform – Das Gorillapod

Das Stativ an sich zählt wohl zur verbreitetsten Peripherie für Fotografen überhaupt. Das Gorillapod ist ein exotischer Vertreter der Gattung Reisestativ, mit vielen Vor- und einigen Nachteilen.

Das Stative eines der wichtigsten Hilfsmittel des Fotografen sind, ist unbestritten: Alles was mittelmäßig bis schlecht beleuchtet oder lange zu belichten ist – Sonnenuntergang, Stadt bei Nacht, Trails – benötigt ein Stativ um das optimale Ergebnis zu erhalten. Und doch stellt sich ständig die Frage: Mitnehmen oder nicht? Beim entspannten Spaziergang am Strand, bei der ersten Erkundungstour durch die Stadt: Es ist fraglich, ob man das Stativ letztlich braucht und 1,5kg oder mehr mit unangenehmen Packmaß mitzuschleppen wird dann kritisch abgewogen – gerade wenn man in der Hauptsache als Tourist und nicht als Fotograf unterwegs ist. Wie ärgerlich, wenn sich dann doch eine Möglichkeit ergibt und man sich gegen das Stativ entschieden hat.


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Gerade für die spontanen Reisefotografen, Backpacker und Gewichtsfuchser gibt es das Gorillapod von Joby – das prinzipiell erstmal der Idee eines Dreibeinstativs entspricht. Die Größe ist geradezu winzig, keine 30cm Höhe erreicht man. Die Besonderheit liegt aber auch in der Ausführung der Beine: Statt einer Teleskopstange handelt es sich um eine Kette von Kugelgelenken mit gummiertem „Äquator“. Die Idee: die gleichzeitig flexiblen und durch den Widerstand der Gelenke stabilen Beine klammern sich an allem Möglichen fest: Äste, Zäune, Geländer, Regenrinne und so weiter – und abstellen geht natürlich auch.

Und das klappt generell gut. Die Kamera wird wie gewünscht in Position gebracht und gehalten, anschließend biegt man die Beine um die gewählte Arretiermöglichkeit herum; Bereit fürs Foto.

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Hier muss man jedoch auch schon kritisch einhaken: Zum einen ist es im klammernden (statt stehendem) Zustand eigentlich kaum möglich, Stativ und somit die Kamera wirklich fest zu positionieren. Vielmehr verbleibt die Kamera durch das Gorillapod und das Eigengewicht sicher an Ort und Stelle – es besteht also keine Sturzgefahr – dran wackeln ist jedoch immer möglich. Je dünner und runder das Befestigungsziel, desto stärker die Problematik. Ich halte diese Tatsache nicht für weiter schlimm. Auch wenn das Stativ ein wenig Spiel hat reicht die Stabilität für eigentlich alle Situationen aus. Auch bei stärkerem Wind verharrt die Kamera durch das Eigengewicht in der jeweiligen Position. Trotzdem ist es ein Unterschied zum Handling mit einem klassischen Dreibein, das in extremen Situationen sogar noch zusätzlich beschwert werden kann.

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Zum anderen kann man das Gorillapod zwar an vielen Stellen festmachen, eine nachträgliche Feinjustage der Kamera ist aber durch den hohen Wiederstand der Kugelgelenke schwierig und ggf. durch die Form der „Unterlage“ unmöglich. Das Problem lässt sich leicht – mit Geld – beheben. Ein Kugelkopf für das Gorillapod kostet 40-70€ (und somit mindestens so viel wie das Stativ selbst) und ist meines Erachtens nach unerlässlich, um das Gorillapod wirklich angenehm nutzen zu können.

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Ein Tipp zum Umgang mit dem Gorillapop im speziellen, der für andere Stative jedoch gleichermaßen gilt: Um die potentielle Gefahr des Verwackelns beim Auslösen der Kamera auszuschließen, einfach den Timer auf die minimal mögliche Verzögerung stellen – genau dafür sind Selbstauslöserzeiten von 3 Sekunden o.ä. gemacht worden. Und in dem Zusammenhang kann man auch gleich den zweiten Störfaktor ausschalten: Mit der Spiegelvorauslösung klappt der Spiegel bereits beim Drücken des Auslösers hoch, beim eigentlichen Fotografieren nach Ablauf des Timers bewegt sich dann nur noch der Verschluss (für DSLM-Fotografen natürlich nicht relevant, da es keinen Spiegel gibt). So bleiben auch Gorillapod-Fotos garantiert verwacklungsfrei.

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Zuletzt noch der Hinweis, dass bei aller Flexibilität des Stativs an sich durchaus Aufnahmesituationen existieren, in denen das Stativ schlicht unbrauchbar ist. Am Ufer die Kamera über dem Wasser zu positionieren, auf weiten Plätzen ohne weitere Bebauung oder aufragende Elemente ein Foto in „normaler“ Höhe machen, beim Sportereignis das 400mm-Rohr anschrauben – mit dem Gorillapod nicht möglich. Es braucht immer eine Ablage, die im Zweifel den gewünschten Bildausschnitt nicht möglich macht und auch die Traglast des Stativs ist begrenzt.

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Probleme über Probleme also? Nicht ganz. Die schwierigen Punkte sind klar: Man braucht für frustfreies Fotografieren den Kugelkopf, wirklich fest im klassischen Stativsinne ist das Gorillapod nicht und man muss immer darauf hoffen eine geeignete Ablage zu finden. Und doch ist es eine großartige Sache: Immer ein Stativ dabei haben zu können – ohne sich dabei beim Unterwegssein zu limitieren – ist viel wert. Nach mehreren Stunden auf den Beinen auch ohne Bandscheibenvorfall ein paar Nachtaufnahmen zu schießen macht einfach Freude. Und ich habe das Gorillapod jetzt seit einiger Zeit im Einsatz: Bisher hat sich nie eine grenzwertige Situation bezüglich der Standsicherheit ergeben – und ein Foto sabotiert hat das Stativ auch noch nicht. Wer sich mit Stativen für die Reise beschäftigt, sollte nach kritischer Abwägung der Nachteile das Gorillapod in die engere Auswahl aufnehmen.

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