Fujifilm X-T2 – Hands On & Testbericht

Die X-T2, geteiltes Spitzenmodell mit der Pro2 im APS-C Bereich von Fuji, ist der jüngste Spross im Fuhrpark von RausKlickBoom und mittlerweile seit über einem Monat mit an Bord. Höchste Zeit also die erste Erfahrung mit dem Miniatur-Kraftpaket mit euch zu teilen. Findet heraus, was die Fuji jenseits von Testlabors zu bieten hat.

Unsere Tests finden nicht im Labor statt. Hier bekommt Ihr die subjektiven Eindrücke und Erfahrungen aus Praxis und Alltag mit den getesteten Produkten. Viel Spaß damit.


Hands On, Haptik und Ergonomie

Der erste Griff zur Kamera fühlt sich in vielerlei Hinsicht gut an. Die Kamera wirkt den Spezifikationen entsprechend robust: Ein gegen Wetter abgedichtetes Gehäuse aus Metall gibt einem ein sicheres und wertiges Gefühl. Das wirklich besondere: Dabei bleibt die Kamera unter 500g Leergewicht, Betriebsbereit mit dem aussergewöhnlichen XF 27mm immer noch unter 600g – schlicht wenig. (Auf den Fotos ist das XF 56mm zu sehen)

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Das niedrige Gewicht schlägt sich in den Abmessungen nieder: Als spiegellose Kamera fehlt der Raum fressende Spiegel-Aufbau zwischen Objektiv und Sensor, was sich in 2 (Breite und Höhe) bis 3cm (Tiefe) kürzeren Kantenlängen gegenüber meiner Vorgänger-DSLR niederschlägt.

Die Gefahr, das hieraus die Griffigkeit der Kamera leiden würde (was ich z.B. bei der X-E2 durchaus anmerken würde), kann ich bei der X-T2 nicht bestätigen. Der Daumen kann problemlos und angenehm abgelegt werden und auch die Gestaltung des Grips an der Front ist für mich ausreichend. Dabei würde ich meine Hände – männlich, 1,90m – nicht unbedingt in der Region „Miniatur“ ansiedeln.

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Die Rückseite der Kamera dürfte nach heutigen Standards Durchschnittskost sein. Das schwenk- und klappbare Display ist für mich zu schwergängig, die Lösung der Arretierung etwas fummelig, aber sobald der 3-Zöller einmal justiert ist ohne Frage hilfreich. Der Fokus-Joystick als ein Unterschied zur X-T1 ist eine gute Neuerung, aber ebenfalls keine Revolution des Kameramarktes.

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Die wirkliche Besonderheit der Kamera liegt auf der Oberseite. ISO, Verschluss und Belichtungskompensation liegen – gleich analoger Spiegelreflexkameras vergangener Tage – als Einstellräder oben auf. Zusätzlich kann über einen Drehschalter der Modus (Serie, Belichtungsreihe, Film) ausgewählt werden. Kombiniert man das mit den bei Fuji nicht seltenen Blenden-Ringen am Objektiv sind alle Parameter physisch über spezifische Einstellräder vorhanden. Dies wird zusätzlich noch über zwei variable Einstellräder an Vorder- und Rückseite erweitert.

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Die Kamera schreit entsprechend geradezu danach manuell betrieben zu werden und mit dem Wechsel auf Fuji ist auch genau das bei mir eingetreten. Die als eine Position der Parameter-Räder vorhandenen Automatik-Modi bleiben eigentlich dauerhaft ohne Verwendung. Meine Bescheidene Hoffnung ist, dass dies die Fotografie bewusster macht – jede Situation wird nach Parametern bewertet und konfiguriert. Inwiefern das der persönlichen Vorliebe entspricht, darf jeder für sich entscheiden. Ich selbst war überrascht, wie flüssig die manuelle Fotografie auch in stressigen Situationen funktioniert.

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Ein letzter und für viele wichtiger Aspekt der X-T2 bzw. generell Systemkameras ist der Sucher. Vor einigen Jahren konnte ich mir einen digitalen Sucher noch nicht vorstellen. Zu große Verzögerung, zu schlechte Qualität (Auflösung und Sättigung). Bei der X-T2 im Speziellen sowie aktuellen Systemkameras im Allgemeinen habe ich diese Kritikpunkte nicht mehr. Viel eher würde ich die direkte Vorschau des „finalen Bildes“ (Blendenwirkung, Helligkeit) positiv in den Vordergrund stellen. Hier gilt einfach ausprobieren und für sich selbst entscheiden – es bleibt Geschmacksfrage.

Fotografieren mit der X-T2

Beschäftigen wir uns nun etwas mehr mit den inneren Werten dieser Kamera. An vorderster Front und als wichtiger Teil des Erfolgs von Fuji steht die Bildqualität. Zum einen hätte man den technischen Bereich, wie ihn Labor-Tests abbilden. Magazine sprechen im Zusammenhang mit der X-T2 von einer extrem hohen effektiven Auflösung (Linienpaare). In der eigentlich relevanten Praxis bedeutet das durch die hervorragende Nutzung der vorhandenen Megapixel eine sehr hohe Detailauflösung, und das auch bei schlechten Lichtverhältnissen. Kurz: Die Bildqualität ist aussergewöhnlich.

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Häufig unterschätzt und ein wahre Freude bei der X-T2: die Farben. Fujifilm bietet acht Farbmodi mit einigen Feinabstufungen (Farbfilter) an, die aufgrund ihrer Orientierung an alten Filmrollen Filmsimulationen genannt werden. Und diese sind hervorragend, vor allem da die unterschiedlichen Varianten über lieblose Spielchen mit Sättigung und Kontrast hinausgehen und immer ein fein komponiertes und somit stimmiges Bild abliefern. Eine große Anzahl an Fotografen scheint insbesondere die SW-Vorgaben von Fuji als Ausgangspunkt für die spätere Bearbeitung zu nutzen.

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Darüber hinaus bietet Fujinon als Hausmarke unglaublich scharfe Optiken zu den Kameras der X-Serie an. Das gilt natürlich als Vorteil für alle Kameras der X-Serie, kommt aber an der X-T2 besonders zur Geltung.

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Eine Randnotiz aber bleibt: Das als Worming oder Waxing bekannte Problem von Lightroom bei der Interpretation der X-Trans-RAW-Daten ist – etwas reduziert – weiter präsent. Mehr Infos zum Thema in unserem Artikel zu RAF und Lightroom.

Bei den Softskills bringt die Fuji die „PS gut auf die Straße“. Die Kamera nagelt den Fokus auf einen der (lachhaften und reduzierbaren) 300+ Fokuspunkte, verfolgt bewegte Objekte recht zuverlässig und schreibt maximal 8 Bilder pro Sekunde in den Speicher. Einige dieser Werte und Zahlen finde ich in der Einordnung von Kameras überbewertet, insgesamt gibt einem die Kamera aber immer das Gefühl bereit zu sein. So habe ich mit der X-T2 mittlerweile problemlos den Bereich zwischen Hochzeitsfotografie, Portraitsession und Kleinkind im Alltag abgedeckt, immer mit dem Gefühl eine der Situation gewachsene Kamera in den Händen zu halten.

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Ob das Rauschverhalten gut ist, ist im Vergleich zu anderen Kameras eine Frage für das Labor. Wer sich das Nachlesen in den Fachmagazinen sparen möchte darf darauf vertrauen, dass dieses als gut bewertet wird. Nichts anderes kann ich aus der Praxis berichten: Hier eine in Lightroom nachbearbeitete Aufnahme bei ISO 3200. Das entspricht bewusst weder dem höchsten ISO-Wert der Kamera (12800+) noch einem „Out-of-Box“ Bild, ist aber letztendlich eine Aufnahme, wie sie eben von Fotografen gemacht und bewertet werden würde. Das Bild ist nicht rauschfrei, aber qualitativ hochwertig und ohne Einschränkung nutzbar.

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Geschwindigkeitsrelevante Eckdaten lassen sich zusätzlich mit dem Grip verbessern. Die Serienbildfunktion geht auf 11 Bilder, der Autofokus wird schneller, die Wiederholrate des Suchers geht auf 100 Bilder pro Sekunde. Ich bin kein Fan dieser Erweiterung, da Form und Gewicht der Kamera  negativ beeinflusst werden, ohne für meine Fotografie (abgesehen von längerer Lebensdauer der Akkus) einen relevanten Effekt zu haben. Sportfotografen dürften hingegen begeistert sein.

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Die bereits gelobte Ergonomie fällt in Shooting-Situationen noch einmal besonders auf. ISO-Wahl, Blendenring, Verschlusszeit, Modushebel und Fokus-Joystick reduzieren sich in einem wichtigen Punkt: Man kann das Auge dauerhaft auf dem Sucher behalten. Gerade bei der Fotografie von Menschen ist der Blick auf das hintere Display oder das unterbrechen zum Nachkalibrieren für die Modelle (im weitesten Sinne) störend und irritierend. Mit der Fuji zieht man einen kompletten Satz Fotos durch, ohne die Kamera vom Auge zu nehmen. Das gibt allen Sicherheit.

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Und auch ein weiteres Mal gilt es für mich, die Maße der Kamera hervorzuheben – manchmal mehrmals pro Woche bestätigt die Fuji meinen Wechselgrund. Mit Dauerkarte wieder in den Zoo? Kamera dabei. Mit dem Kind auf den Spielplatz? Kamera dabei. Spaziergang auf der „Trasse“… Ihr merkt, worauf ich hinaus will. Abgesehen von einer Top-Leistung der Fuji als Werkzeug ist die Kamera für mich wieder zu einem ständigen Begleiter geworden. So etwas wird in Tests nicht abgebildet, aber es ist sehr wertvoll und wird in meiner Fotobibliothek mittlerweile durch einen stark erhöhten Anteil an persönlich wertvollen Fotografien bestätigt.

Zeit für ein paar kritische Töne. In der Grauzone bewegen sich die systemimmanenten Eigenarten: Es gibt ausschließlich den digitalen Sucher, die Lebensdauer des Akkus ist mit 340 Auslösungen im Vergleich zu einer DSLR extrem gering. Damit kann ich gut leben – anderen ist das ein Ausschlusskriterium.

Wirklich negativ fällt mir der winzige Peripherie-Fuhrpark auf: Ein Mikro, drei nicht im speziellen hochklassige Blitze und zwei Grips bietet Fujifilm an. Und auch andere Hersteller sind kaum zu finden: Zwar bietet beispielsweise Yongnuo im Vergleich sehr gute Blitze an, da endet es aber auch fast schon wieder. Gleiches gilt für Linsen: Objektive von Fujinon lassen zwar kaum Wünsche offen, alternative Hersteller findet man aber auch kaum. Die „großen“ wie Tamron oder Sigma haben keine Produkte im Angebot. Das ist ohne Verschulden von Fujifilm schwach im Vergleich zur Konkurrenz.

Natürlich ist auch die bereits angesprochene Problematik bei der Verarbeitung der RAW-Daten in Lightroom ein Kritikpunkt. Das lässt sich vergleichsweise leicht umgehen, bei anderen Herstellern ist das aber schlicht nicht nötig (Hier noch einmal der Verweis auf unseren Test von RAW-Convertern – Lightroom Classic CC, OnOne, AcdSEE Ultimate, Caputre One – und unserem Workflow für RAF-Dateien).

Zuletzt ist ein regelmäßig zu lesender Kritikpunkt an Fujifilm die Menüführung. Ich kann das für meinen Teil nicht bestätigen. Meine positive Einstellung liegt mit daran, dass die relevanten Parameter für das Foto bei der X-T2 im Direktzugriff auf dem Gehäuse liegen, sekundäre Funktionen (Weißabgleich, Farbmodus) per Schnellwahl erreichbar sind und erst Besonderheiten wie Selbstauslöser oder das Verhalten des LCDs in den Menüs liegen. Dabei würde ich der Menüführung eher die längliche Listenstruktur vorwerfen als eine übermäßig komplizierte Handhabung. Ich vermute die Ursache des Vorwurfs eher in der generell schwierigen Umstellung bei einem Systemwechsel, denn ein grundlegendes Problem kann ich nicht erkennen – Innovation zugegebener Weise aber auch nicht.

Blicke ich auf die Liste der Kritikpunkte stelle ich fest, dass keiner davon meine(!) Fotografie beeinflusst.

Abschließend

Die technischen Eckdaten der X-T2 sind bekannt. Diese sind vergleichbar und können im großen Kamera-Quartett angeführt und bewertet werden. Aber was bietet die X-T2 jenseits der numerischen Kenngrößen? Mir fallen insbesondere zwei Sachen auf: In der Pflicht haben wir eine einfach hervorragende Qualität: Sei das die Auflösung im Labor oder die Detailtiefe in der Praxis. In Summe sprechen wir hier von einem Werkzeug, das einen in der Ausführung einer Idee oder Anforderung nicht nur zur Verfügung steht, sondern unterstützt. Und in der Kür passt dies alles in einen winzigen Körper. Vielleicht ist das die wirkliche Stärke von Fuji: Gute Kameras gibt es viele, die X-T2 gehört zweifelsfrei dazu. Aber das Ganze in einen winzigen Kasten von weniger als 500g zu packen ist das Alleinstellungsmerkmal, das man in dieser Qualitätskategorie sonst nicht findet. Letztendlich ist es auch das, was mich zur X-T2 gebracht hat und ich abschließend noch einmal hervorheben möchte: Bei allen Bestenlisten, Linienpaaren und Bildern pro Sekunde sollte man den schieren Mehrwert in einer beliebigen Situation eine Kamera dabei zu haben – sowohl für das eigentliche Foto als auch für die fotografische Entwicklung – nicht unterschätzen. Die X-T2 ist dafür und deswegen genau mein Werkzeug.

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Kommentar: Die Full-Frame-Frage

Es ist ein omnipräsentes Thema, aber ich will ehrlich sein: Ich empfinde es als leidiges Thema, auch wenn es (gerade in Bezug auf die Marke Fuji) leidenschaftlich diskutiert wird: „Ist die X-T2 besser als Full-Frame-Kameras?“

Fujifilm ist vergleichsweise jung auf dem Markt der DSLMs und auch erst seit „kurzer“ Zeit wieder richtig im Geschäft was Kameras mit Wechselobjektiven und einem gewissen Anspruch angeht. In Kombination mit der hohen Qualität der X-Serie und der kompakten Bauweise – die viele Fotografen anspricht – findet man auffällig viele Berichte über Full-Frame-Fotografen, die ihr Equipment veräußert und begleitet von öffentlicher Berichterstattung den Wechsel zu Fujifilm vollzogen haben. Denn grundlegend scheint die X-T2 in vielen Situationen eine Qualität abzuliefern, die die Nutzung einer FF-Kamera für diese Fotografen zumindest mal zur Diskussion stellt.

Ersetzt die X-T2 deswegen Full-Frame-Kameras? Nö. Aber sie scheint die Grenze zwischen FF und APS-C zu Gunsten des kleineren Sensors zu verschieben. Es ist aber auffällig, dass diese Verschiebung nicht ausschließlich auf der Qualität der Bilder fußt. Erneut ist die Größe entscheidender Faktor.

Diese Tatsache lässt mich mit der Frage zurück, warum die Diskussion überhaupt geführt wird? Ein großes Magazin hat durch hohe Wichtung des Preis-Leistungs-Verhältnisses die X-E3 besser bewertet als die X-T2. Das sehe ich anders, denn mit meinen Kriterien komme ich zu anderen Ergebnissen. Die Frage ob die X-T2 besser ist als eine andere Kamera, kann mir also weder eine Bestenliste noch die Größe des verbauten Sensors beantworten, denn mein individueller Kriterienkatalog bestimmt das Ergebnis. Nehmt einfach das Werkzeug, für das ihr euch entschieden habt und Fotografiert. Es kräht kein Hahn nach APS-C oder FullFrame bei einem gelungenen Foto.

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3 thoughts on “Fujifilm X-T2 – Hands On & Testbericht

  1. Pingback: Ein Tag Schnee - Barmer Anlagen - Raus Klick Boom

  2. Detlef Gimbel Reply

    Absolute Zustimmung, was Fujifilm mit seinen APS-C Sensoren und natürlich mit seinen XF Objektiven erschaffen hat. Bin seit 2013 im Fuji Kosmos zuhause und kann somit die stetige Weiterentwicklung wohltuend bestätigen. Nicht nur in Sachen Hatdware, sondern auch und gerade bei der Bereitstellung von Firmware Updates. Vorbildlich.
    Mit der X-T2 liebäugele ich auch, obwohl meine X-T1 immer noch tolle Ergebnisse abliefert. Gerade witd die X-H1 vorhestellt, muss aber gestehen, dass mich die Größe wieder abschreckt. War es doch gerade die Kombination aus baulicher Größe und dem was aus diesen Kameras heraus kam, was die APS-C Fans so begeistert. Ich schaue voller Erwartung auf weitere Ergebnisse Deiner X-T2. So lange tuts noch die gute alte X-T1 in Kombination mit einer X100F, welche ebenfalls aller erste Sahne ist. Vor allem für die diskrete Fotografie!

    1. Daniel Reply

      Danke für deinen Kommentar. Zurecht wird Fuji für die Produktpflege gelobt. Mir war nicht klar, was softwareseitig nach Release einer Kamera noch möglich ist.
      Ein befreundeter Fotograf war übrigens sehr positiv überrascht von der T2 und hat in der Folge von der T1 gewechselt. Mit der H1 bewegt sich vielleicht auf dem Gebrauchtmarkt etwas und die T2 fällt konstant in den 3-stelligen Bereich auf dem Gebrauchtmarkt. Die neue Kamera bietet mir auch nicht genug Mehrwert um zu wechseln oder mehr Geld auszugeben.
      Das Setup mit der X100F kann ich dabei bestens nachvollziehen und bin sogar ein wenig neidisch. Das ist der Grund, warum die E-2 auch nicht in Rente sondern mit dem 27mm Pancake in eine neue Rolle geschlüpft ist.
      Daniel

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