Island-Trekking – Teil 4: Der Laugavegur

Nachdem wir vom Skógafoss über den Fimmvörðuháls Pass in das wunderschöne Tal der Krossá und das angrenzende Þórsmörk gewandert sind, begann nun der Hauptteil unseres Trekking-Abenteuers: der Laugavegur. Wie es uns auf dem sicher bekanntesten der isländischen Fernwanderwege ergangen ist, lest ihr hier.


Hinweis: Die meisten Wanderer gehen den Laugavegur von Nord nach Süd. Wir sind von der Südküste aus gestartet und wandern den Laugavegur nach Norden. Das hat gewisse Vor- und Nachteile, auf die ich im Artikel immer mal wieder eingehe.

Noch etwas: Mein Zeltwanderbegleiter Jan hat die Tour auch in seinem Blog beschrieben. Er beschreibt die Tour nochmal aus seiner Perspektive. Wie ich finde, ergänzen sich unsere Beschreibungen sehr gut. Schaut doch anschließend mal rein: Link

Der Laugavegur ist ein Wanderweg zwischen den spektakulären Rhyolithbergen in Landmannalaugar und dem (für isländische Verhältnisse) üppig bewachsenen Þórsmörk. Er ist 54 km lang. Wildcampen ist nicht erlaubt, aber es gibt unterwegs zum Teil bewirtschaftete Hütten, an denen man auch campen kann. Das Wetter und der Wind sind die Hauptfaktoren, die man bei seiner Ausrüstung bedenken sollte. Hier gibt es eine ausführliche Packliste. Der Weg selbst ist nicht übermäßig anspruchsvoll und führt tendenziell bergab, wenn man ihn von Nord nach Süd geht. Auch in die andere Richtung ist er mit einer soliden Kondition gut machbar.

Tipp: Man kann den Weg bis zur Südküste verlängern, indem man den Fimmvörðuháls Pass bis Skógar geht, bzw. wie wir in Skógar startet, bevor man den Laugavegur angeht. Hier gibt es mehr zu der Ein- bis Zweitageswanderung.

Wann gehe ich den Weg?

Sicher sind die Monate Juli und August. Mitte/Ende Juni und Anfang/Mitte September können auch noch gehen, davor bzw. danach kann das Wetter schon sehr anspruchsvoll werden. Zwischen Oktober und Juni ist es für den normalen Wanderer ohne Spezialausrüstung und Wintererfahrung nicht möglich, den Weg zu passieren.

Was nehme ich mit?

Eine ausführliche Packliste gibt es hier. Grundsätzlich ist es wichtig zu wissen, dass im isländischen Hochland auch im Sommer im Prinzip Bedingungen aus allen Jahreszeiten möglich sind. Darauf sollte man sich einstellen. Im Vergleich zu vielen anderen Fernwanderungen muss man sich auf einige Flussquerungen einstellen.

Wichtige Links zur Vorbereitung

Informationen über den Weg vom isländischen Wanderverein Ferðafélag Íslands: Trails: Laugavegur | Ferðafélag Íslands (fi.is)

Informationen über das Wetter: Forsíða Veðurstofu Íslands | Veðurstofa Íslands (vedur.is)

Tag 1: Þórsmörk nach Botnar

Die Etappe beginnt für uns in Þórsmörk am Campingplatz in Básar, auf dem wir zwei Nächte verbracht haben. Übrigens lohnt es sich, einen Tag in dem gewaltigen Krossá-Tal zu verbringen und dort noch eine Tageswanderung zu machen. Tipps dazu gibt es hier.

Bevor es in den Wanderbericht geht, gibt es noch einige Infos zur Wanderung (eigene Aufzeichnung):

  • Distanz: 20,40 km
  • Höhenmeter Aufstieg: 626 m
  • Höhenmeter Abstieg: 430 m
  • Dauer 7,5 h

Strecke mit Start- und Zielkoordinaten (bearbeiteter Screenshot aus Suunto-App)

Den GPX-Track zur Wanderung gibt es hier: Link

Höhenprofil (bearbeiteter Screenshot aus Suunto-App)

Den GPX-Track zur Wanderung gibt es hier: Link

Zum Beginn der Etappe wandert man über den üppig bewachsenen Bergrücken Þórsmörk, bis man an die erste Flussquerung kommt. Für uns war es, wie sich dann rausstellte, gleichzeitig auch die anspruchsvollste der ganzen Tour. Die Þrönga bringt eiskaltes Gletscherwasser vom Myrdalsjökull und da es in den letzten Tagen häufiger geregnet hat auch eine Menge Wasser aus dem Einzugsgebiet.

Exkurs Flussquerungen

Es lohnt sich, das Gewässer entlangzugehen, um eine geeignete Stelle zum Queren zu finden. Eine Methode die Gefahr einzuschätzen, ist folgende (Quelle):

  1. Schätze die Fließgeschwindigkeit ab, indem du ein Holz in die Mitte des Flusses wirfst und die Sekunden für 10 m zählst. Dadurch erhälst du die Fließgeschwindigkeit in (m/s), indem du die gemessene Zeit wieder durch 10 teilst.
  2. Schätze die tiefste Stelle in (m) ab.
  3. Das Produkt aus Geschwindigkeit und Tiefe gibt eine Einschätzung der Gefahr
    • ab ca. 0,7 besteht Gefahr für leichte Personen
    • ab ca. 1,3 besteht Gefahr für alle Personen

Außerdem ist es wichtig, Untiefen zu vermeiden. Ganz gut ist es dabei an geraden Abschnitten ohne größere Störsteine oder sonstige Hindernisse. Hier sollte das Sohlsubstrat durch die Strömung gleichmäßig verteilt werden. Arbeitet nicht gegen die Strömung sondern lasst euch von der Strömung diagonal zu anderen Ufer drücken. Benutzt Schuhe (z.B. Crocks oder Sandalen) um Verletzungen zu vermeiden. Nutzt Wanderstöcke, um zusätzlichen Halt zu haben und die Sohle abzutasten. Löst die Hüft- und Brustgurte eures Rucksacks, um im Zweifelsfall schnell aus dem Rucksack rauszukommen.

Wir hatten eine Fließgeschwindigkeit von ca. 1,5 m/s und eine Tiefe von ca. 0,5 m, was für unsere Gewichte schon fordernd war, aber noch kontrolliert zu handeln war. Das nächste Bild zeigt die Þrönga, wie sie scheinbar friedlich fließt…

Je weiter man von Þorsmörk weg kommt, umso karger wird die Landschaft. Immer mehr dunkle Vulkanasche wird sichtbar und die Büsche weichen immer mehr Gräsern, Flechten und Moosen.

In unserer Wanderrichtung immer wieder lohnenswert: Der Blick zurück

Leider ist das Wetter an dem Tag unserer ersten Etappe nicht sehr gut. Wir mussten im Regen unser Lager abbauen und kamen auch tagsüber immer wieder in den Regen. Umso schöner sind an solchen Tagen die Regenpausen.

Wenn es einen Vorteil am wechselhaften Wetter gibt, dann die mystische Stimmung

Wir wandern weiter in Richtung Norden und kommen immer höher. Gleichzeitig wird die Landschaft um uns herum immer karger. Der Kontrast zwischen leuchtend grünen Moosen und schwarzer Asche ist selbst bei dem neblig-trüben Regenwetter beeindruckend.

Wir haben ihn ‚Flaschenöffner‘ genannt: Der Berg Einhyrningur vor dem Burí in Wolken

Im strömenden Regen gelangen wir in ein Gebiet mit dem Namen Sandar (Sand) und tatsächlich gibt es hier außer Lavasand nicht besonders viel. Nach Norden und Westen ist das Gebiet von riesigen Canyons begrenzt und nach Osten schaut man weit über die Landschaft bis zu den Gletschern am Horizont.

Blick über Sandar bis zum Mýrdalsjökull. In der Mitte des Bildes zieht sich der Laugavegur durch die Landschaft.

Um das Etappenziel zu erreichen, geht man einen Umweg nach Osten, um durch den Canyon des Flusses Fremri-Emstruá zu gelangen. Hier hat man eine abenteuerliche Brücke errichtet. Hat man die Brücke passiert, kommt ein schweißtreibender Anstieg in schwarzem Lavasand. Oben angekommen, sieht man in der Ferne schon den Campingplatz.

 

Die Campsite Emstrur-Botnar ist in Sichtweite

Am Campingplatz angekommen trafen wir eine Gruppe aus den Niederlanden, die -wie die meisten- in die entgegengesetzte Richtung unterwegs waren. Abends wurde zu Musik getanzt und gelacht. Wir haben uns irgendwann unser Essen gemacht und zurückgezogen, schließlich war der Regen unser Begleiter an diesem Tag und ließ auch am Abend nicht locker.

Jan findet Unterschlupf in meinem Vorzelt

Es klingt verrückt, aber einmal im trockenen Zelt, kommt sogar eine gewisse Gemütlichkeit auf.

Tag 2: Botnar zum Áltavatn

Der heutige Tag ist geprägt von schwarzen Aschewüsten, grün bemoosten Berghängen und spektakulären Canyons.

  • Distanz: 22,64 km
  • Höhenmeter Aufstieg: 405 m
  • Höhenmeter Abstieg: 319 m
  • Dauer 7 h 50 min

Den GPX-Track zur Wanderung gibt es hier: Link

Der zweite Tag auf dem Laugarvegur begann zum Glück sowas von anders als der letzte aufgehört hatte. Der Tag war sonnig und angenehm und das Moosgrün springt einen plötzlich noch viel mehr an. Zum Glück ist alles im Zelt trocken geblieben und sogar etwas getrocknet, sodass nur das Außenzelt in eine separate Plastiktüte kommt. Etwas ätzend ist der feine Lavastaub auf dem nassen Außenzelt, den ich wahrscheinlich trotz guter Reinigung zu Hause immer noch an manchen Stellen auf dem Zelt finde…

Am nächsten Morgen ist das schlechte Wetter verflogen

Kurz oberhalb des Nachlagers geht vom eigentlichen Weg eine Schleife nach Südwesten ab, die man – wenn es irgendwie geht – unbedingt machen sollte. Man läuft auf einem Plateau mit einer wahnsinnigen Weitsicht nach Süden und gelangt zu einem spektakulären Canyon. Selbst die Berge, die die Tage zuvor in Wolken waren, zeigen sich und die Runde lohnt sich für uns schon nach den ersten Schritten. Besonders schön ist es, auf die bereits gelaufenen Kilometer der Vortage zurückzublicken. Wer von Norden nach Süden läuft sieht, was ihn oder sie noch erwartet. Hier sind ein paar Eindrücke von der kleinen Extraschleife:

Freier Blick auf die beiden Berge Búri (links) und Ýri (Mitte rechts)

Die Gletscherzungen des Mýrdalsjökull in der Ferne

Blick auf den Eyjafjallajökull – Bis zum Tal vor dem Gletscher liegt ein Tagesmarsch

Ich konnte dem Panorama nicht wiederstehen: Ein Abstecher vom eigentlichen Weg führt uns zu einem unglaublichen Aussichtspunkt.

Ein toller Ort für eine Pause. An Jans Kopf sieht man den ‚Flaschenöffner‘, an dem wir einen Tag zuvor vorbeigekommen sind.

Die Größe dieses Ortes ist mit Fotos nicht zu vermitteln. Tief unten im Canyon fließt der Markarfljót

Der Markarfljót-Canyon ist gigantisch groß

Als wir dann wieder auf dem eigentlichen Weg sind, kommen wir schnell auf eine Hochebene und laufen auf Hattafell zu, einen Berg, den wir schon am Horizont gesehen haben, als wir am ersten Tag über den Pass von Skógar aus gekommen sind. Jetzt sind wir plötzlich ganz nah. Hier ist es mal wieder lohnenswert, in die gegengesetzte Richtung zu wandern, weil uns hier kaum Menschen begegnen. Wir fühlen uns irgendwie, als wären wir auf einem Wüstenplaneten ausgesetzt worden.

Der Hattafell in der Lavawüste

Erst als wir den Berg hinter uns lassen und auf eine gigantische Lavaebene kommen, sehen wir die vielen Wanderer, die uns entgegen kommen. Mal wieder werden wir viel gegrüßt, weil den Wanderern in der typischen Laufrichtung eben wenige Leute wie wir entgegenkommen. Am Nachmittag sind wir wieder alleine.

Man kann sich in der weiten Ebene kaum sattsehen

Wie die Brocken wohl hier hingekommen sind?

An manchen Stellen kreuzen die Hochlandpisten, wie hier die F261

Am Ende der Ebene kommt und ein junger Solo-Wanderer entgegen, der uns schon fast panisch fragt, ob noch weitere große Flussquerungen folgen. Wir berichten ihn von unserer Erfahrung mit der Þrönga und sind uns nicht sicher, was in dem Jungen vorging, als er alleine weiterlief. Aber für uns wichtig war: Was kommt denn da jetzt? Schnell stehen wir am Ufer des (des?) Bláfjallakvísl, um den Fluss zu queren. Er ist breiter als die Þrönga, aber die Strömung ist nicht so stark. Auch hier haben wir etwas überlegt, um eine geeignete Stelle zu finden.

Der Berg Stórasúla auf dem Weg zum Àlftavatn

Die Eisfelder nehmen mit der Geländehöhe langsam zu

Wir verlassen langsam die Ebene und müssen noch einige Höhenmeter überwinden, bis wir zum Álftavatn kommen, um dort unser Nachlager aufzuschlagen. Abends ist es fast windstill und ich gehe an den See, um noch einige Bilder zu machen. Am Lager treffen wir zwei Kanadier um die 60, die uns von vielen tollen Touren erzählen, die die beiden auf den Füßen hinter sich gebracht haben. Zuletzt waren sie noch auf dem Kilimandscharo. Den Arctic Circle Trail in Grönland, von dem die beiden auch berichtet haben, haben wir jedenfalls mal auf unsere Bucketlist gesetzt…

Unser Nachtlager am Àlftavatn – Etwas windexponiert, aber wunderschön

Leider hat der Wind nie wirklich nachgelassen, aber auch so ist es richtig schön, einfach am See zu sein

 

Tag 3: Àllftavatn nach Landmannalaugar

Der dritte Tag ist unser letzter Weitwandertag und führt uns vom Álftavatn bis nach Landmannalaugar, dem Ziel unserer Trekkingreise.

  • Distanz: 25,05 km
  • Höhenmeter Aufstieg: 883 m
  • Höhenmeter Abstieg: 843 m
  • Dauer 8 h 55 min

Den GPX-Track zur Wanderung gibt es hier: Link

Die Etappe beginnt mit einem knackigen Aufstieg hoch in die gelben Rhyolith-Berge. Es regnet leicht und Nebel kommt auf, sodass wir uns durch einen Schleier immer weiter nach oben kämpfen. Oben angekommen ist man mal wieder in einer völlig anderen Welt. Diese Welt ist geprägt von dem gelben Gestein, Schneefeldern und dampfenden Fumarolen. Es riecht nach faulen Eiern und trotzdem machen wir hier eine erste ausgedehnte Pause.

Ein toller Pausenort, auch wenn es leicht nach Schwefel riecht

Es geht weiter nach oben und die Schneefelder werden immer größer. Es ist eine bizarre Landschaft und langsam reißt der Strom von entgegenkommenden Wanderern wieder ab und wir sind fast alleine hier oben.

In einem Panorama nicht zu fassen: Die Rhyolithberge rund um den Laugavegur

Das Schauspiel aus leuchtendem Rhyolith, Dampf und Schnee

An Fumarolen treten schwefelhaltige Dämpfe aus dem Untergrund

Oben in den Bergen gelangt man irgendwann zu einer riesigen Hochebene, die es zu durchwandern gilt. Da ich hier viel fotografiere, geht Jan schon vor und ist für mich als kleiner blauer Fleck zu sehen, der in kleinen Tälchen verschwindet und auf den Kuppen wieder auftaucht. Auf dem nächsten Bild sieht man diesen kleinen Fleck, der auf die Hrafntinnusker Hütte zusteuert. Die Hütte ist ungefähr die halbe Wegstrecke am heutigen Tag.

Auf einer gigantischen Hochebene in Richtung Hrafntinnusker unterwegs

Wir laufen über den Hrafntinnusker Pass durch eine surreale Lavalandschaft in Wolken gehüllt, bis es langsam wieder bergab in Richtung Ziel geht. Und plötzlich ist es da. So lange habe ich mich gefreut, wieder hier zu sein: Das wunderschöne Landmannalaugar.

Das Farbenspiel aus Moosen und dem gelben Rhyolith ist auch bei bewölktem Wetter atemberaubend

Auf dem Laugavegur in Landmannalaugar

Beflügelt von der Landschaft verlassen wir den Laugavegur kurz vor dem Ziel und wandern auf den Brennisteinsalda. Von hier genießt man einen sehr schönen Überblick und kann am Ende des Lavafeldes (nächstes Bild links oben) bereits den Campingplatz erkennen.

Ausblick vom Brennisteinsalda

Und dann haben wir es geschafft. Wir sind von der Südküste Islands bis hier ins südliche Hochland gewandert. Wir haben so viele unterschiedliche Landschaften durchstreift, nette Menschen mit ihren Geschichten kennengelernt und sind einfach glücklich. Dann fiel mir wieder ein, warum wir (unter anderem) den Weg von Süd nach Nord gegangen sind. Dieser Ort ist einfach gigantisch und am nächsten Tag noch Zeit für den Ort zu haben, machte mich sehr glücklich, als ich im Zelt einschlief. Übrigens habe ich mein Zelt auf der Tour richtig lieben gelernt. Hat es mir doch bei allen Bedingungen auf der Tour trockenen und warmen Unterschlupf gegeben. Eine schöne Erkenntnis nach so einer langen Tour: Man muss nichts verändern, nur irgendwann einfach wieder loswandern…

Mein treues Zelt in Landmannalaugar – Ich freue mich schon auf die nächste Tour

Nach einer erholsamen Nacht hatten wir noch einige Stunden und sind auf den Bláhnúkur gewandert. Mit dem Tipp und ein paar Eindrücken von der Halbtageswanderung endet der Bericht. Viel Spaß beim Nachwandern der Tour!

Blick auf dem Weg hoch zum Blánúkur

Blick vom Blánúkur

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