RAF und Iridient – Einstellungssache

Auch die neuen Sensoren von Fuji produzieren nachweislich Daten, die von Lightroom nicht zufriedenstellend intepretiert werden können. In einem früheren Artikel konnten wir euch den Iridient-X-Transformer als eine mögliche Lösung für das Problem präsentieren. Heute beschäftigen wir uns mit sinnvollen Einstellungen für das Programm.


Fassen wir noch einmal kurz zusammen: Der X-Trans-Sensor, als eine Abweichung vom Branchen-Standard mit Bayer-Layout, produziert in vielerlei Hinsicht hervorragende Fotos, sei das bezüglich der Schärfe oder der Farbwiedergabe. Während letzteres wunderbar auf den PC übertragen wird hinkt die Schärfe hinterher. Nach Import und normaler Bearbeitung der Daten erscheinen unschöne Artefakte, die von der Internetgemeinschaft die Namen Worming und Wachsing bekommen haben. Im Detail könnt ihr das in unserem Artikel zu Lightroom und RAF nachlesen.

Während es viele Möglichkeiten zum Umgang mit den Daten gibt, spezielle Schärfe-Presets in Lightroom oder Softwarewechsel hin zu z.B. Capture One, ist eine einfache und kostengünstige Variante der Iridient-X-Transformer. Für 30€ werden hier die RAF-Dateien in digitale Negative (DNG, ein Adobe-eigenes Format) umgewandelt. Das Demosaicing, also das Konvertieren der RAW-Daten in ein darstellbares Bild, ist somit nicht mehr Aufgabe von Lightroom. Die Bildqualität steigt dadurch nachweislich signifikant. Aber das Programm ist nicht unbedingt leicht zugänglich. Es gibt eine Menge Einstellmöglichkeiten mit nicht gerade brillianter Dokumentation – diese kommt nämlich ohne Beispielbilder aus.

JPG_RAF

Schärfevorteil durch die Transformation mit Iridient (rechts) gegen Lightroom (links)

Das ist nicht ganz unproblematisch, denn die Konvertierung von RAF hin zu DNGs ist destruktiv! Das bedeutet, dass das ursprüngliche Bild modifiziert und tatsächlich verändert auf der Festplatte abgelegt wird – ein Unterschied zum LR-Workflow. Die neue Datei ist ab sofort der Ausgangspunkt im RAW-Format, im Nachhinein die Schärfeeinstellung zurückzunehmen ist nur durch erneutes Konvertieren der Quelldatei möglich. Dies bedeutet entweder eine gigantische Datenhaltung oder ein Problem.

Aus diesem Grund habe ich anhand zweier Testbilder unterschiedliche Szenarien durchgespielt und verglichen.

 

Die Testsbilder unterschieden sich in der Hauptsache durch die verwendete Iso-Zahl (Glas: ISO 3200, Pflanze: ISO 200). Der Vergleich findet also zwischen Idealbedingung und einem Bild mit Rauschen statt.

Die Testsetups kompakt: Die beiden verfügbaren Raw-Prozesse von Iridient werden jeweils einmal mit der Nachbearbeitung in Iridient, einmal mit der Nachbearbeitung in Lightroom verglichen.

Detailed All Off: In Iridient wird der Raw-Prozess More Detailed mit Schärfung, Farbrauschen und Rauschen deaktiviert durchgeführt. Diese Parameter sind in Lightroom aktiviert.

Smooth All Off: In Iridient wird der Raw-Prozess Smooth mit Schärfung, Farbrauschen und Rauschen deaktiviert durchgeführt. Diese Parameter sind in Lightroom aktiviert.

Detailed All On: In Iridient wird der Raw-Prozess More Detailed mit Schärfung, Farbrauschen und Rauschen auf Medium durchgeführt. Diese Parameter sind in Lightroom deaktiviert.

Smooth All On: In Iridient wird der Raw-Prozess Smooth mit Schärfung, Farbrauschen und Rauschen auf Medium durchgeführt. Diese Parameter sind in Lightroom deaktiviert.

Weitere Parameter wurden nicht getestet und im mächtigeren Lightroom auch nicht zur Optimierung verwendet. Lens-Corrections werden in allen Szenarien mit angewandt. Diese werden von den Objektiven mitgeliefert und genau so auch von Lightroom verwendet.

Als Ausgangspunkt betrachten wir das Bild unter Idealbedingungen: Fujifilm X-T2, Fujinon XF56mm, Aufnahme mit Stativ und Timer bei ISO 200 und Blende 11. Eine Kombination für messerscharfe Aufnahmen.

Grundlegender Unterschied ist der gewählte Raw-Prozess in Iridient. Somit beginnt unser Vergleich mit den Varianten Detailed und Smooth „All Off“. Das Ergebnis ist offensichtlich ein Unterschied in der Schärfe, gut zu erkennen an der Aderung des großen Blattes. Während dies trivial wirken mag impliziert es doch einen ganz wichtigen Aspekt: Der detaillierte Konvertierungsprozess generiert soweit sichtbar keine Artefakte. Dabei erreicht eine in Lightroom geschärfte Smooth-Variante die gleiche Detaillierung wie eine in Lightroom ungeschärfte Detailed-Variante.

Smooth:

Smooth Lightroom

Detailed:

Detailed Lightroom

Für mich bedeutet dieses Ergebnis eine Entscheidung zu Gunsten der More-Detailed Konvertierung. Ich konnte keine Nachteile der Methode erkennen, erhalte jedoch ein schärferes Ausgangsbild ohne Artefakte.

Im Anschluss stellte sich die Frage, in welchem Programm die Editierung das bessere Ergebnis liefert. Hierzu wurden die Bilder mit der Parametrierung (Schärfe, Rauschen, Farbrauschen) in Iridient mit den entsprechend in Lightroom parametrierten Bildern verglichen. Dargestellt wird an dieser Stelle „More Detailed“, die Ergebnisse sind auf den Smooth Prozess übertragbar

Iridient:

Detailed All On

Lightroom:

Detailed Lightroom

Im ersten Moment überraschend und auch eigentlich nicht Teil des Tests ist der Unterschied in den Farben. Lightroom kommt bei genauer Betrachtung und natürlich bei Verwendung des Kamera-Profils auf etwas gesättigtere Farben (siehe Blätter rechts unten) und weniger Tiefen im Farbspektrum (siehe schwarzer Bereich mitte links). Dies stellt einen leicht veränderten Ausgangspunkt dar, der aber kein Potential bei der Bearbeitung verschenkt.

In der Detailansicht liefert Lightroom bei Moderaten Einstellungen (Schärfen: 40 mit Maskierung) ein etwas schärferes Ergebnis. Nun bleibt natürlich die Möglichkeit, das Ergebnis des Iridient-Fotos noch einmal in Lightroom zu überschärfen, dies resultiert aber tendenziell in einem unnatürlichen Ergebnis. Signifikant ist der Unterschied zwischen den beiden Programmen eher nicht.

Ohne verfrühte Schlüsse zu ziehen müssen die beiden Programme als nächstes ihren Leistungsnachweis bei schlechten Lichtverhältnissen erbringen. Vergleichen wir zunächst den reinen Export zwischen Detailed und Smooth ohne Bearbeitung in Iridient an.

Smooth „ohne Alles“

Smooth Lightroom

More Detailed „ohne Alles“

Detailed Lightroom

Erneut fällt das veränderte Farbbild auf. Der Prozess Smooth kommt mit mehr Kontrast daher. Vor allem wird das Rauschen jedoch weniger prominent abgebildet (zu erkennen an der vertikal verlaufenden Farbreflexion im oberen Teil des Glasses). Der Detailed Prozess wirkt sich also unter anderem im Kontrast des Sensorrauschens sichtbar aus.

Nimmt man nun also den Smooth-Prozess als Referenz und vergleicht (bilder unten) die editierten Bilder von Lightroom mit Iridient ist das Rauschen in LR deutlich reduziert und in der fläche homogener und somit angenehmer, die Abbildung der Kanten aber identisch gut. Hinzu kommt bei der Herangehensweise ein leichter Verbleib von Farbrauschen im fertigen Bild bei Iridient. Man kann an dieser Stelle sogar soweit gehen, dass der Detaillierte Prozess mit Nachbearbeitung in Lightroom ein besseres Ergebnis liefert, als der Smooth Prozess mit Nachbearbeitung in Iridient.

Iridient Smooth

Smooth All On

Lightroom Detailed

Detailed Lightroom

Gerade in Farbübergängen übertrifft die Variante Lightroom das Ergebnis von Iridient entscheidend. Trotzdem bleibt die allgemeine Schärfe erhalten.

Zuvor bekannt war: Der Demosaicing-Prozess von Iridient ist besser als der Algorithmus von Adobe in Lightroom. Generell liefern beide Programme in der Parametrierung und Anwendung bei Schärfe und Rauschen vergleichbar gute Ergebnisse für niedrige ISO-Zahlen. Mir scheint Lightroom einen Ticken besser, ohne das ich hier eine generelle Entscheidung treffen würde.

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Das Bild wird eindeutiger blickt man auf höhere Iso-Zahlen: Hier liefert Lightroom die deutlich besseren Ergebnisse. Bei gleicher Kantenschärfe ist das Rauschverhalten nach Bearbeitung mit LR angenehmer und besser. Dies bedeutet zum einen ein generell geringeres Rauschen, zum anderen aber auch in homogeneres Resultat. Selbst der generell anfälligere Detailed Prozess mit Bearbeitung in Lightroom schlägt den von Iridient bearbeiteten Smooth Prozess. Der externe Konverter scheint sogar das eigentlich rückstandsrei entfernbare Farbrauschen nicht ganz in den Griff zu bekommen.

Und ein weiteres Argument lässt sich in die Wagschale werfen: Die Editierung in Lightroom ist nicht destruktiv, die Parameter können also jederzeit wieder zurückgenommen werden. Ein Vorteil, den der Workflow inklusive Bearbeitung über Iridient nicht bietet.

Für mich bedeutet diese Analyse das die RAW-Konvertierung von RAF-Dateien weiterhin mit Iridient erfolgen muss – das stand schon zu Beginn des Tests ausser Frage. Die konvertierten Bilder sind brillant und stellen Lightroom in den Schatten. Bei der Bewertung der Ergebnisse gilt es also im Hinterkopf zu behalten, dass ohne Iridient die Software von Adobe für mich wertlos geworden wäre. Geht es an das Editieren der Bilder wirken die Algorithmen des Platzhirsches wiederum ausgereifter. Somit entscheide ich mich im weiteren Workflow Schärfe und Rauschreduzierung ausschließlich in Lightroom vorzunehmen. Dabei ist das Ergebnis so gut, dass bei allen Fotosituationen – also auch hohen ISO-Zahlen – der Detailed Prozess pauschal verwendbar ist.

Abschließend hier noch meine aktuellen Einstellungen in Iridient:

Settings

 


2 thoughts on “RAF und Iridient – Einstellungssache

  1. Dominik Reply

    Danke für den sehr interessanten Test.
    Wenn du mit Iridient auf „More Detailed“ konvertierst, welche Einstellungen zur Rauschreduzierung verwendest du dann standardmäßig in Lightroom?

    1. Daniel Reply

      Das Farbrauschen belasse ich dem Lightroom-Standard entsprechend bei 25. Hier sehe ich auch – ausgenommen (zu) extremer Arbeit an den HSL-Slidern – keinen großen Anpassungsbedarf.
      Bei der „normalen“ Rauschreduktion gehe ich recht konservativ vor: Generell (per Import-Preset) starte ich mit 0, entscheide also immer von Fall zu Fall. Darüber hinaus versuche ich den Kompromiss zwischen den beiden „Flächentypen“ zu finden: Detailliert gezeichnet (Blätter, Haut) und flächig gefüllt (Himmel). Bei niedrigen Iso-Zahlen läuft das auf Werte von knapp unter 10 hinaus, bei höheren Iso-Werten gehe ich bis ca. 30 mit, entscheide mich dann aber tendenziell für das etwas detailliertere Ergebnis statt das rauschärmere.
      LG

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